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Patrik H. Feltes
Iwwat Jòòa - Mundarttexte und Bilder

Buchunmschlag: Patrik H. Feltes: Iwwat Jòòa. Mundarttexte und Bilder

Ende November 2012 erschien als erste Veröffentlichung in der moselfränkischen Mundart des Wadgasser Raumes das Büchlein: "Iwwat Jòòa. Mundarttexte und Bilder" als erste Veröffentlichung in der Edition Saarflugblätter, einer neuen verlegerischen Versuchsanstalt mit Regionalbezug. Unsere Region ist bekanntermaßen nicht mit vielen verlegerischen Initiativen ausgestattet und so will die Edition Saarflugblätter den Versuch starten, kleine intereassante Veröffentlichungen zu realisieren. Der 68seitige Band versammelt Mundarttexte und Photos von Patrik H. Feltes, die versuchen, Alltägliches und Gegenwärtiges in einer der Sprachen unserer Region (dem Moselfränkischen) auszudrücken und dazu Photographien aus eigenem Bestand zu kombinieren.

Diese Text- und Bildsammlung präsentiert humorvolle, nachdenkliche und auch gereimte Texte in Kombination zu Photos, die manchmal Schreibanlaß waren oder sich auf besondere Weise mit dem Inhalt des Gesagten verbinden. Das Buch gliedert sich in die Abschnitte 'Schprich' ( hier wurden jiddische Sprüche ins Moselfränkische übertragen), Jahreszeitliches, Denkanstößiges, 'Uus Schpròòch' als einem Quell der Möglichkeiten, aber auch einem Abschnitt mit der Industrie gewidmeten Texten in 'Hitt unn Koohlenschticka', Aufgelesenes und schließlich auch dem 'Weihnachtszeich', Texten, die sich mit Weihnachtszeit und Jahresende kritisch beschäftigen.

Im Einleitungstext 'Mundart, unser regionales Denken und Sprechen' wird versucht, einige allgemeine Aspekte des Moselfränkischen herauszuarbeiten, andererseits einige Schreibeigenheiten und Themen des Autors nachzugehen. Nachfolgend ist der Einleitungstext im vollen Wortlaut abgedruckt:

 

Mundart, unser regionales Denken und Sprechen

Es gibt wohl wenig Gegenden des mittleren oder südlichen Deutschland, in denen nicht eine eigene, mundartlich gefärbte Sprache gesprochen wird. Im Saarland ist dies das Rhein- und das Moselfränkische und diese beiden Dialekte in sehr vielfältigen Varianten. Beide Mundarten sind sich ähnlich und unterscheiden sich doch recht deutlich. Sie haben aber auch Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel, daß sie nicht an der Grenze in Richtung Frankreich enden, sondern echte grenzüberschreitende sprachliche Ausdrucksformen sind, die sich kaum von den wechselnden Staatsgrenzen der letzten Jahrhunderte haben abhalten lassen, fortzubestehen. Eine ‚das‘-‚datt‘ Linie zieht sich beispielsweise quer durch das gesamte Saarland und zeigt so sehr deutlich die Unterschiede zwischen den hauptsächlich hier gesprochenen Mundarten. Die in diesem Buch versammelten Texte sind in Wadgasser Moselfränkisch verfaßt. Das ist deshalb eine kleine Besonderheit, weil das hier gesprochene Moselfränkisch trotz vieler rheinfränkischer Übernahmen noch seinen grundsätzlich moselfränkischen Charakter beibehalten konnte, und dies so dicht an der genannten Sprachgrenze. Wie alles, was Sprache ist, sind auch diese Mundarten ganz lebendig und in ständigem Wandel begriffen. Eine wissenschaftliche Untersuchung über die an Wadgassen unmittelbar entlanglaufende Sprachgrenze zwischen dem Rhein- und dem Moselfränkischen aus dem Jahre 1911 (Dr. Peter Frisch: Studien zur Grenze des Mosel- und Rheinfränkischen im Süden des Regierungsbezirks Trier. Bonn, 1911) zeigt dies deutlich, denn manche Gebiete, in denen heute längst rheinfränkisch gesprochen wird, waren damals noch fest in moselfränlischer ‚Hand‘. Doch die Mundarten mit ihren Grenzen und Eigenheiten sind nicht wirklich ein Problem bei den Sprechern. Es kommt heute vielmehr darauf an, daß die Mundarten und unzähligen regionalen Sprechweisen nicht verloren gehen, wenn ein größerer Teil der älteren Sprecher sie nicht mehr sprechen und die jüngeren es nicht mehr erlernen. Längst sind das Rhein- und das Moselfränkische von der UNESCO in die Liste der bedrohten Sprachen aufgenommen worden. Ein Alarmsignal und Ansporn zugleich, die vielen Facetten dieses regionalen Sprechens mit grenzüberschreitendem Charakter, der zusätzlich nach Lothringen und Luxemburg ausstrahlt, verstärkt auszuloten und diese Mundarten wieder neu zu entdecken und zu pflegen, wozu dieses Buch einen Beitrag leisten möchte.

Es sind in diesem Buch Texte versammelt, die keine heile Welt im Rückblick auf die guten alten Zeiten verkünden möchten, sondern ihren eigenen Blick auf die Gegenwart werfen und sich dabei immer wieder mundartlichen Ausdrücken bedienen, die nicht selten einen Zusammenhang oder einen Gedankensprumg viel prägnanter fassen können. Das ist gesprochene Sprache im besten Wortsinn und macht die große Vielfalt der regionalen Mundarten bewußt, die hier schriftlich festgehalten ist. Die Bilder sind manchmal Schreibanlaß, spielen ihre Rolle als erste Ideenfinder, um einen realen oder erdachten Zusammenhang mundartlich zu verorten. Diese besondere sprachliche Ausdrucksform möchte durch ihre Unmittelbarkeit spontane Stimmungen einfangen und transportieren. Die mitgegebenen Photos sind oft Trouvaillen, die bei der Durchsicht der vielen Bilder, die uns digitale Kameras zusätzlich an die Hand geben, und die nicht ins ursprünglich beabsichtigte Raster passen, ansonsten durchgerutscht wären. Hier sind einige von ihnen herausgehoben, weil Sie auf ihre Art inspirieren und Bestand haben, zum Innehalten oder Nachdenken anregen, einen Text befördern können oder mit ihm fruchtbar interagieren.

‚Iwwat Jòòa‘ versammelt Eindrücke, Fundstücke, Stimmungen, die im und aus dem Alltäglichen entstehen und manchmal von Formulierungen leben, die spontane Verbindungen, assoziative Reminiszenzen oder fiktive Gesprächsfetzen beinhalten können. Die in der moselfränkischen Mundart Wadgassens verfaßten und hier als Büchlein vorgelegten Texte sind bei aller mitschwingenden Nostalgie betont gegenwärtig und wollen vor allem die Mundart mit ihren zahlreichen Spezialausdrücken und ihrem Sprachwitz in ihrer Vielfalt und Schönheit ausloten und wieder neu ins Bewußtsein bringen.

Ein Buch in moselfränkischer Mundart ist somit auch ein Stück Plädoyer für eine anders gemeinte regionale Mehrsprachigkeit, die sich des Potentials bewußt ist, das in einer Fähigkeit liegt, beides - Hochsprache wie auch Mundart - gleichermaßen zu fördern und zu sprechen. Wer Mundart von Hochsprache schon früh differenzieren gelernt hat, dem fällt es später wesentlich leichter, sich Fremdsprachen anzueignen - eine Fähigkeit, die in der globalisierten Welt voller Hotspots und anderer mittlerweile alltäglich gewordener Anglizismen nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Mundart als ein Stück sprachlicher Identität läßt einen im Dschungel der ‚Hypes‘ und ‚Highlights‘ des Markttreibens unserer Konsumgesellschaft nicht alleine. In diesem Sinne ist Mundart sprechen und verstehen auch kein Anzeiger für bestimmte Schichtenzugehörigkeiten und bricht - ganz im Gegenteil - auch in Schulklassen mit hohem Ausländeranteil manches Vorurteil in Richtung Kooperation und Verständnis für die Vorstellungen der jeweils anderen Kulturen, wie mundartliche Sprachexperimente in Schulklassen mit hohen Migrantenanteil zeigen. Sie wirkt vielmehr sprachbildend und bewußseinsfördernd bei dem Projekt sprachlicher Welterfahrung, mit der vieles im Leben beginnt und bewerkstelligt werden kann.

Gegeben zu Wadgassen, am Feste Allerseelen, 2012

Patrik H. Feltes gen. Veltz

 

Das Buch ist gegen eine Schutzgebühr von 8,- Euro im Buchhandel oder direkt beim Autor erhältlich.
Die Buchdaten lauten wie folgt:

Patrik H. Feltes
Iwwat Jòòa. Mundarttexte und Bilder. Wadgassen: Edition Saarflugblätter, 2012. ISBN 978-3-00-040383-5

Bezugadresse: Edition Saarflugblätter | Patrik H. Feltes | Friedensstraße 33 | D-66787 Wadgassen/Saar

Nähere Informationen unter kontakt@geheichnis.de

 

Wadgasser Moselfränkisch und Vorschau auf einzelne Buchtexte aus 'Iwwat Jòòa'

 
 

Duich de Scheiwen
direkt zwischen
de Schprossen
Vunn de Finnschdan
Mit de Rundboogen
Peifft da Wind
Ausem Letschden Loch
All geschprung sinn se
Un kabutt!

Käänen kimmadet!

aus:  © Patrik H. Feltes Iwwat Jòòa. Mundarttexte und Bilder. Wadgassen: Edition Saarflugblätter, 2012, S. 54

 

Ma wischen
Kurz mim Finga iwwat Glaas
Vum neien, flachen Rechnachin
Unn hann - ma glaawen draan -
Vòa all deen annaren
Schunn alles längscht gesinn

Ma wischen
mit de Fingan iwwat Glaas
Vun knau deem Rechnachin,
Unn männen grad,
Datt alles, watt ma lòò gesinn
Ganz uusa iss, unn bleiwt aach lòò uff eewich drin!

Ma wischen
All paar Schtunnen
Moll mim Butzduuch
Iwwat Glasgesicht vum Rechnachin
Sunnscht kannen ma -
Lòòdrinn - rein gaar nix mä gesinn.

Ma wischen
Jetz‘ nimmeh iwwat Glaas
Vum neien Rechnachin.
Dea bleiwt jetz schwarz
Weil ohne Schtroom
Sinn all de Werta, Billa, Ton
Weeda se heeren noch se gesinn!

aus:  © Patrik H. Feltes Iwwat Jòòa. Mundarttexte und Bilder. Wadgassen: Edition Saarflugblätter, 2012, S. 30

 
 
 

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