Wenn man vor ein paar Tagen, einer Woche vielleicht noch unter zu großer Wärme oder gar Hitze gestöhnt haben mag, sollte man die Nachricht ernst nehmen, dass wir fast über Nacht jetzt an einem Punkt angekommen sind, an dem man ernsthafter von Herbst sprechen muss. Er zeichnet sich nicht nur ab, sondern dadurch aus, dass er mit einem Mal schrecklich anwesend ist. Erkennen kann man dies weniger an den braun, rot und gold werdenden Blättern. Die Sonne zeigt sich ja nach wie vor tagsüber und meist goldener noch und strahlender als im Sommer.
Nachts kühlt es bereits so stark ab, dass ein aus der Bettdecke herausgestreckter Fuß bei offenem Fenster bereits empfindlich abkühlt. Man deckt ihn besser zu, um wieder weiterschlafen zu können. Der zunehmende Mond erscheint mit schärfster Kontur und wird mitternachts von vorbeieilenden Wolken besucht, die ihn nicht verdecken. Er sendet sein Licht auf den Boden des Hausflures nahe der Haustür, wodurch man leichter durch das nächtlich durchmessene Haus findet, auch ohne das Licht aufzudrehen. Seit anderthalb Tagen hat nun auch der Wind begonnen, aufzufrischen und die herübergewehten Geräusche des Stahlwerkes von der anderen Saarseite belegen, dass zumindest nachts der Wind aus nordöstlicher Richtung kommt. Er weht in regelmäßigen Abständen auch die Zuggeräusche herüber die sich mit dem Scheppern aus dem Stahlwerk vermischen. Eben war noch das allabendlich am Himmel vernehmbare Abendflugzeug zu hören und ein Auto-Türschlagen bedeutet, dass ein Nachbar eben vom Taxi nach Hause gebracht worden ist. Das Licht der Straßenlaterne wird vom Wind gezerrt, der auch an den Läden Interesse bekundet. In fränkischer Zeit waren das die Nachtwesen, die an den Läden sich zu schaffen machten und wehe dem, der es wagte , hinaus zu lugen, um nachzusehen: Es war viel zu gefährlich. Die Bettlampe beleuchtet Zeilen, die ihre festen Linien langsam verlassen und zu tanzen beginnen. Ihre Bewegung suggeriert, dass Nachtruhe sich langsam abzeichnet und sich nach Löschen des Lichtes zu Schlafgedanken verändert. Die ersten Herbsttage haben immer etwas von rastloser Verzaubertheit, Farbenpracht und einer Ungeduld, die aus den zahlreichen Veränderungen herausragen, die gleichzeitig sich ereignen. Wachsamkeit wird erhöht, Gedankenabenteuer werden eingegangen und der längst nicht mehr unter uns weilende Freund wird besonders für die vielen spontanen Gespräche am Telefon schmerzlich vermisst!
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